19. März 2024 Die Masse lebt

Radio-Karriere

Seit ich auf der Welt bin, sind über Kurzwelle, Mittelwelle und Ultrakurzwelle entscheidende Sozialisationsprozesse in Gang gesetzt worden. Das nicht nur im übertragenen, sondern im ganz ernsten Sinne.

Neue Musik seit ich 15/16 Jahre war über NDR und später HR. Danach nie wieder so ganz richtig, zumindest anders. Aufklärung über NDR2, Besserwisserei über den Schulfunk. Über Kurzwelle gerne mal das deutsche Programm aus Schweden gehört. Die Decke meines „Arbeitszimmers“ war spinnennetzartig mit Kupferdraht verzurrt. Das Radio der Wahl war von Hertie und hörte auf den Namen Atlas (mit Kassettenaufnahmefunktion). Moderne schicke Geräte hatten damals meine Brüder. Und der Papa hatte eines seiner Radios neben seinem Bett stehen, wenn ich nicht irre von dem phänomenalen Hersteller ITT – Schaub-Lorenz mit Kissenhörer, damit die Ehefrau nicht zu sehr von Radio Vatikan gestört wurde. Abends und mittags gab es immer eine Sendung wie „Das Echo des Tages“ oder wie das hieß.

Legendär in jedem Fall die Jazz-Sendungen mit Michael Naura. Jazz-Workshops mit allen aktuell wichtigen Personen. Oder das 12/13-teilige Feature von Peter Ruedi über Keith Jarrett anfang der 80er Jahre. Oder Ekkehard Josts Jazz-Sendungen. Wunderbarst. Man war gebildet und informiert und unterhalten.

Das Programm war jedenfalls rund und das Radio ging mit ins samstägliche Badezimmer. Beste Lage für die Konferenzschaltung beim Fussball. Abends gerne eine Symphonie oder „Fragen Sie Dr. Erwin Marcus“. Aber auch mal eine Spielshow war dabei. Einiges zu lernen.

So gefiel mir ein Stück von Schubert so sehr, dass ich es auf Kassette aufbewahrte und mir meine Violinstimme dann herausschrieb. Das Radio hatte was zu bieten und das wollte man auch festhalten, sei es auf Kassette oder Tonband. Natürlich! Die Flüchtigkeit des Medium war nicht zu dulden, es gab kein Internet-Archiv etc. Platte und Aufnahme auf Tonband oder Kassette. Für mich musste es natürlich Tonband sein! Logisch. Drei Geschwindigkeiten, vier Kanäle. Mikrofonanschluss. VU-Meter. Übung hatte ich an zwei Geräten meines Vaters. Eines mit magischem Auge, was defekt war und mehrfach in Wolfsburg angeblich repariert worden ist. War aber nicht so. Ich schickte es dann direkt nach Nürnberg zu Grundig und die reparierten es dann wirklich. (Erlernen von Material von Arbeit. Hat damals ca. 100 Mark gekostet, das Material um die „4“.) Aber das führt zu weit weg.

Später wechselte ich auf eine HiFi-Anlage von Grundig und musste damals schon bemerken, dass der Empfang von im weitesten Sinn klassischer E-Musik sehr durch Interferenzen und Stereorauschen betrüblich war. Das hat sich über die ganze Zeit eigentlich nie geändert. Ob in Gießen, in Steinbach, in Berlin-Charlottenburg, in Regensburg oder in Kleinmachnow. Es rauscht oder das Signal geht weg und ist mono.

 

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