18. April 2024 Die Masse lebt

Werte-Diskussion mit Herrn G., Herrn M. und Herrn A.

Seit einigen Jahren liege ich im Clinch mit Herrn G. über die sinnvolle Verwendung und überhaupt die Bedeutung von sogenannten “Werten” – oder wie aus der Schule “… und Normen.” Ich musste dabei immer an einen Disput zwischen Heinz-Klaus Metzger und Theodor W. Adorno denken, den diese 1957 über das “Altern der neuen Musik” führten. Und der der ging so:

METZGER Ja, selbstverständlich bin ich darin mit Ihnen einig. Es scheint mir nur so, wenn mir der Begriff der Qualität oder der Begriff des Wertes ein wenig fragwürdig geworden ist, so möchte ich damit nicht Partei ergreifen …

ADORNO Den Ausdruck Wert nehme ich nie in den Mund, darf ich sagen. Aber entschuldigen Sie, daß ich Sie unterbreche.

METZGER Ich glaube, Sie haben ihn eben gebraucht.

ADORNO Nein, ich habe ihn nur gebraucht …, ich habe mich nur von ihm abgegrenzt; ich wollte nur sagen, daß ich ebenso gegen Wert wie gegen Wertfreiheit stehe und glaube, daß die immanente Analyse des Werkes selbst ein Drittes ist gegenüber diesen beiden starren Vorstellungen. Das wollte ich eigentlich sagen.

METZGER Ja, damit bin ich sehr gerne einverstanden.

Heinz-Klaus Metzger: Musik wozu. Literatur zu Noten, hrsg. von Rainer Riehn, Frankfurt/Main 1980, S. 92.

Der vielzitierte Werteverlust, den man in zahllosen Disputen über die gegenwärtige Gesellschaft herbeiruft, um die “verlorene” Jugend zu charakterisieren, hat doch längst seine Spur bei den Erwachsenen, deren Werteverlust sich in der Berufung auf eherne Werte darstellt.

Die Despotie der Werte aus Mündern der Bekehrten: eine säkulare Glaubensfrage.

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