29. März 2024 Die Masse lebt

Tatort-kommissar*innen öffnen Räume für kritischen Diskurs?

Eieieiei. Da hat eine Gruppe von Schauspielerinnen gestern aber etwas losgetreten. Mit der Aktion #allesdichtmachen möchten über 50 führende und renommierte Darstellerinnen beweisen, dass es ihnen an der Kunstform Satire und der Technik der Ironie gebricht. Professioneller Scheitern geht fast gar nicht. Applaus kommt daher von der Seite, die es ohnehin nicht so mit der Kunst hat, es sei denn sie ist deutschtümelnd, nationalpatriotisch, menschenverachtend.

Der Olaf vom Deutschen Kulturrat sagt, dass die Aktion seiner “Meinung nach in der aktuellen Debatte nicht hilfreich” sei. Und verlinkt im Newsletter auf die Aktion, allein – und das ist schon wieder kurios genug – kommt da nur eine Fehlermeldung. alledichtmachen.de hat den ersten Schritt gemacht?

Jetzt hagelt es Distanzierungen der beteiligten Darstellerinnen. Im Tonfall jetzt genau so ironisch? Aber wie bei Heike Makatsch wähnt man sich trotzdem auf dem richtigen Kurs, man möchte auf diese Weise Raum schaffen für “kritischen Diskurs”. Halleluja. Kritische Kampagnen-Diskurse? Initiiert von satirisch mäandernden Tatort-Kommissarinnen.

„Wer denkt, setzt Widerstand; bequemer ist, mit dem Strom, erklärte er sich auch als gegen den Strom, mitzuschwimmen. Indem man einer regressiven und deformierten Gestalt des Lustprinzips nachgibt, es sich leichter macht, sich gehenläßt, darf man überdies eine moralische Prämie von den Gleichgesinnten erhoffen.“

Band 10: Kulturkritik und Gesellschaft I/II: Dialektische Epilegomena. Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften, S. 8671 vgl. GS 10.2, S. 764)

Dies beim Wort genommen, zeigt sich, in welches Fahrwasser man mit der Aktion geraten ist. Die Gleichgesinnten sind dann die, von denen man sich nur verbal zu distanzieren vermag, wenngleich man deren Ton und Resonanzraum längst gefunden hat. Das knarzt da aber ganz schön heftig ium Tatort der Ignoranten und Dummen.

Naja. Ich will gar nicht wissen, wie das auf all diejenigen wirkt, die in Kunst & Kultur seit Monaten für bessere Bedingungen, finanziell oder organisatorisch oder menschlich, arbeiten. Natürlich im Hintergrund. Oder für die Menschen, die seit Monaten in Pflege und Behandlung von Erkrankten in Einrichtungen stehen, auch nachts – und denen eine solche Aktion nur zynisch vorkommen mag. Oder bei denjenigen, die sich ganz auf Einsicht in die Lage zurücknehmen und mit all ihren eigenen Mitteln versuchen, die Situation nicht eskalieren zu lassen. Platsch! Platsch! Platsch!

Das ist eine Bratwurst. Foto: Hufner
Das ist eine Bratwurst. Foto: Hufner

Sportlich gesehen heißt es allerdings, in sieben Tagen ist das wieder vergessen. Und nichts ist besser geworden dadurch. So viel Prophet erlaube ich mir schon zu sein.

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