8. Mai 2024 Die Masse lebt

Revolution des Unsinns

Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die buntscheckigen Feudalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorgesetzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelassen als das nackte Interesse, als die gefühllose „bare Zahlung“. Sie hat die heiligen Schauer der frommen Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürgerlichen Wehmut in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt. Sie hat die persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst und an die Stelle der zahllosen verbrieften und wohlerworbenen Freiheiten die eine gewissenlose Handelsfreiheit gesetzt. Sie hat, mit einem Wort, an die Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen verhüllten Ausbeutung die offene, unverschämte, direkte, dürre Ausbeutung gesetzt.

Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu betrachteten Tätigkeiten ihres Heiligenscheins entkleidet. Sie hat den Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Mann der Wissenschaft in ihre bezahlten Lohnarbeiter verwandelt.

(…) Die Bourgeoisie kann nicht existieren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren. (…) Alle festen eingerosteten Verhältnisse mit ihrem Gefolge von altehrwürdigen Vorstellungen und Anschauungen werden aufgelöst, alle neugebildeten veralten, ehe sie verknöchern können. Alles Ständische und Stehende verdampft, alles Heilige wird entweiht, und die Menschen sind endlich gezwungen, ihre Lebensstellung, ihre gegenseitigen Beziehungen mit nüchternen Augen anzusehen.

[Karl Marx/Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei]

Das ist wirklich noch Prosa. Das sitzt. Das ist wie Musik. Bei Einbruch der Nüchternheit verschwindet aller Zauber.

Aber will man das eine, wenn das andere zugleich etwas ausblendet, was ja nicht zur Gänze nur Quatsch ist. Max Weber hat den gleichen Prozess unter dem Aspekt fortschreitender Rationalisierung gesehen, auch Kant hat den Aspekt der Aufklärung darin angesiedelt. Erst wenn der Dunst sich verzieht und die Beziehungen rational werden, lässt darüber sich nachdenken, rational nämlich und nicht auf Anderes verweisend.

Nietzsche hat dies auch wahrgenommen, aber auch darauf hingewiesen, was auf diesem Wege verschwindet. Einerseits, dass diese neue Nüchternheit selbst Züge der Fatalität trägt, selbst also zu einer neuen Unhinterfragbarkeit wird. Die aber entkleidet bleibt von allem Außerordentlichen, Abwegigem, von Unerwartetem, vom Ungenauen. Von eigentlich allem, was man unter Kunst, Kreativität und Liebe ansehen könnte.

Mir persönlich geht es so, wenn sich persönliche Aspekte und Fragen mit objektiven und rationalen zudecken. Das ist häufig dann der Fall, wenn sich nüchterne mit unnüchternen Empfindungen deckeln. Als junger Student hatte ich so ein Problem sehr früh damit, als jemand erwähnte. bei Komponisten vor 1700 könne man fast noch nicht von Komponisten sprechen. Ich meinte, das könne man doch nicht sagen, die wären doch auch Personen oder gar Persönlichkeiten, also Individualitäten gewesen. Ist nicht wahr, meinte in gewisser Hinsicht Ludiwg Finscher:

Die These, Individualität als Personalstil habe sich in der Musik im Zeichen der beginnenden kapitalistischen Marktwirtschaft, unter dem Druck des Konkurrenzprinzips und mit gleichsam marktkonformen Mitteln entfaltet, mag befremdlich klingen, scheint aber der historischen Wahrheit nahezukommen. Finscher, Ludwig: Die ‘Entstehung des Komponisten’, Irasm 1975, VI/1, S. 44.

Was heißt es dann aber für das Individuum, wenn es andererseits zum Lohnarbeiter wird. Wo wann wie ist die goldene Zeit dazwischen, als das eine nicht mehr war und das andere noch nicht durchgesetztes Prinzip? Macht dies dann die quasi überzeitliche Qualität vielleicht eines Ludwig van Beethoven aus. Oder die eines Schönberg, der eben sich zwar ungewollt, vom Markt notwendigerweise entfernen musste?

Was heißt es, wenn man sich selbst nicht mehr selbst als Zweck empfindet sondern nur noch in einem Zweckzusammenhang? Momentan weiß ich das nicht, häufig weiß ich das nicht. Aber dies stimmt mich nicht gerade fröhlich. Welche Entscheidung gehört einem selbst dann überhaupt noch?

Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die buntscheckigen Feudalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorgesetzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelassen als das nackte Interesse, als die gefühllose „bare Zahlung“. Sie hat die heiligen Schauer der frommen Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürgerlichen Wehmut in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt. Sie hat die persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst und an die Stelle der zahllosen verbrieften und wohlerworbenen Freiheiten die eine gewissenlose Handelsfreiheit gesetzt. Sie hat, mit einem Wort, an die Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen verhüllten Ausbeutung die offene, unverschämte, direkte, dürre Ausbeutung gesetzt.

Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu betrachteten Tätigkeiten ihres Heiligenscheins entkleidet. Sie hat den Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Mann der Wissenschaft in ihre bezahlten Lohnarbeiter verwandelt.

(…) Die Bourgeoisie kann nicht existieren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren. (…) Alle festen eingerosteten Verhältnisse mit ihrem Gefolge von altehrwürdigen Vorstellungen und Anschauungen werden aufgelöst, alle neugebildeten veralten, ehe sie verknöchern können. Alles Ständische und Stehende verdampft, alles Heilige wird entweiht, und die Menschen sind endlich gezwungen, ihre Lebensstellung, ihre gegenseitigen Beziehungen mit nüchternen Augen anzusehen.

[Karl Marx/Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei]

Das ist wirklich noch Prosa. Das sitzt. Das ist wie Musik. Bei Einbruch der Nüchternheit verschwindet aller Zauber.

Aber will man das eine, wenn das andere zugleich etwas ausblendet, was ja nicht zur Gänze nur Quatsch ist. Max Weber hat den gleichen Prozess unter dem Aspekt fortschreitender Rationalisierung gesehen, auch Kant hat den Aspekt der Aufklärung darin angesiedelt. Erst wenn der Dunst sich verzieht und die Beziehungen rational werden, lässt darüber sich nachdenken, rational nämlich und nicht auf Anderes verweisend.

Nietzsche hat dies auch wahrgenommen, aber auch darauf hingewiesen, was auf diesem Wege verschwindet. Einerseits, dass diese neue Nüchternheit selbst Züge der Fatalität trägt, selbst also zu einer neuen Unhinterfragbarkeit wird. Die aber entkleidet bleibt von allem Außerordentlichen, Abwegigem, von Unerwartetem, vom Ungenauen. Von eigentlich allem, was man unter Kunst, Kreativität und Liebe ansehen könnte.

Mir persönlich geht es so, wenn sich persönliche Aspekte und Fragen mit objektiven und rationalen zudecken. Das ist häufig dann der Fall, wenn sich nüchterne mit unnüchternen Empfindungen deckeln. Als junger Student hatte ich so ein Problem sehr früh damit, als jemand erwähnte. bei Komponisten vor 1700 könne man fast noch nicht von Komponisten sprechen. Ich meinte, das könne man doch nicht sagen, die wären doch auch Personen oder gar Persönlichkeiten, also Individualitäten gewesen. Ist nicht wahr, meinte in gewisser Hinsicht Ludiwg Finscher:

Die These, Individualität als Personalstil habe sich in der Musik im Zeichen der beginnenden kapitalistischen Marktwirtschaft, unter dem Druck des Konkurrenzprinzips und mit gleichsam marktkonformen Mitteln entfaltet, mag befremdlich klingen, scheint aber der historischen Wahrheit nahezukommen. Finscher, Ludwig: Die ‘Entstehung des Komponisten’, Irasm 1975, VI/1, S. 44.

Was heißt es dann aber für das Individuum, wenn es andererseits zum Lohnarbeiter wird. Wo wann wie ist die goldene Zeit dazwischen, als das eine nicht mehr war und das andere noch nicht durchgesetztes Prinzip? Macht dies dann die quasi überzeitliche Qualität vielleicht eines Ludwig van Beethoven aus. Oder die eines Schönberg, der eben sich zwar ungewollt, vom Markt notwendigerweise entfernen musste?

Was heißt es, wenn man sich selbst nicht mehr selbst als Zweck empfindet sondern nur noch in einem Zweckzusammenhang? Momentan weiß ich das nicht, häufig weiß ich das nicht. Aber dies stimmt mich nicht gerade fröhlich. Welche Entscheidung gehört einem selbst dann überhaupt noch?

kritische masse newsletter

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

13 Kommentare

  1. Das Manifest hab’ ich mit 12

    Das Manifest hab’ ich mit 12 oder 13 das 1. Mal versucht zu lesen. Das war wie Feuer im Arsch.

  2. Dein Nuceleus will meinen

    Dein Nuceleus will meinen Stern nich mehr.

    Und jezz heißt es ich sei ein Robot.

  3. Das kann ich erklären.

    Das kann ich erklären. Heute habe ich ein Update gemacht. Fehler! Angeblich mussten nur zwei Dateien hochgeladen werden. Habe ich gemacht. Macht offenbar Fehler.

    Das mit dem Robit [sic!] ist scheiße. Verstehe ich auch nicht.

  4. Huflaikahn on the brink to

    Huflaikahn on the brink to Systemtheorie. Harr harr. Welcome in 2000usf.

Kommentare sind geschlossen.