20. April 2024 Die Masse lebt

Ein ernstes Wort zur Ästhetik der Weihnachtszeit

Ohne Kotztüte kann ich das Haus nicht mehr verlassen. Da gibt es Schadensberichte zum Zustand des deutschen Waldes, aber es wird auch mal Zeit für einen Schadensbericht zum Zustand ästhetischen Empfindens.

Baum zur WeihnachtShit. Shit. Bullshit. Wie kommt es eigentlich, dass die deutschen Fenster- und Vorgartenbesitzer sich derart in Geschmacklosigkeit zu üben wagen. Also, ich würde ja auch nicht nackt durch die Straßen laufen. Ummantelte Bäume in Hinterhöfen (als Lichtherapie für die geschundene Natur), Fenster-Geblinke ohne Ende. Der reinste Weihnachtspuff. Die Original-Stätten heben sich da schon wohltuend durch rotblinkende Herzen oder Sektflaschen-Neon-Schlangen ab. Es ist wirklich der Gipfel. 

Ohne Kotztüte kann ich das Haus nicht mehr verlassen. Da gibt es Schadensberichte zum Zustand des deutschen Waldes, aber es wird auch mal Zeit für einen Schadensbericht zum Zustand ästhetischen Empfindens.

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3 Kommentare

  1. Semmel, wenn ich mal ernst

    Semmel, wenn ich mal ernst werden darf: Ja, die Erde kommt ganz gut auch ohne Menschen klar (Neutronenbombe), andersherum darf man dies wohl schwer bezweifeln. Soweit stimme ich dir vollkommen zu. Statt Ästehtik hätte ich auch Ethik sagen (Ethik ist die Ästhetik der Zukunft [Lenin]).

    Und ganz sicher ist es auch richtig, dass die zunehmende ökologische Katastrophe nicht ohne Auswirkung auf die Situation der Menschen (und anderer Lebewesen) auf der Erde ist. Das scheint mir doch ein Wechselspiel zu sein. Du, als Beckett-Kenner-Liebhaber weißt es sehr gut, welche Gestalt eine Welt annimmt, die keine Natur mehr kennt.

    Gleichwohl gehört die ästhetische Äußerung ganz wesentlich zur Bestimmung von Menschheit. Strichen wir dieses Phänomen aus uns heraus und damit die ganze Sinnlichkeit, dann wäre der Mensch auch nur ein Klumpen Moleküle und Enzyme – totes Fleisch.

    Der gute alte Schiller sagte dazu einmal in seinen Briefen zur ästhetischen Erziehung des Menschen: „Der Mensch kann sich auf eine doppelte Weise entgegengesetzt sein: entweder als Wilder, wenn seine Gefühle über seine Grundsätze herrschen; oder als Barbar, wenn seine Grundsätze seine Gefühle zerstören. Der Wilde verachtet die Kunst und erkennt die Natur als seinen unumschränkten Gebieter; der Barbar verspottet und entehrt die Natur, aber verächtlicher als der Wild fährt er häufig genug fort, der Sklave seines Sklaven zu sein. Der gebildete Mensch macht die Natur zu seinem Freund und ehrt ihre Freiheit, indem er bloß ihre Willkür zügelt.“

  2. schätzle, du weißt doch,

    schätzle, du weißt doch, dass ich damit ästhetik als solches nicht verneine. es ging nur um die waage wald – ästhetik. mehr nicht.

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